Unsere Zukunft sichern mit Schwammstädten und Schwammlandschaften

Webinar vom 6. Juli 2022 mit Prof. Dr. Annette Menzel von der Technischen Universität München

Warum brauchen wir Schwammstädte und Schwammlandschaften? Welche Funktionen erfüllen diese und was können wir uns darunter vorstellen? Darüber und mehr habe ich gemeinsam mit meiner Abgeordnetenkollegin Rosi Steinberger sowie mit unserer eingeladenen Expertin Prof. Dr. Annette Menzel von der Technischen Universität München und vielen Interessierten bei unserem Webinar am 6. Juli 2022 gesprochen.

Schwammstädte und Schwammlandschaften sind Städte und Landschaften, in denen Regenwasser nicht schnell abfließt, sondern das Wasser langsam im Boden versickert und gespeichert wird, um in Trockenzeiten wieder zur Verfügung zu stehen. Wie ein Schwamm, der Wasser aufnimmt und dann wieder abgeben kann.

Doch wofür brauchen wir heutzutage den Umbau hin zu Schwammstädten und Schwammlandschaften? Das hat Prof. Dr. Annette Menzel anschaulich erklärt. Seit Jahrzehnten heizt sich unser Klima immer stärker auf. In den letzten Jahren steigen die Temperaturen im Jahresmittel stark an und die Hitzetage nehmen massiv zu. Verbunden sind diese Hitzeperioden oft mit extremen Trockenzeiten, in denen es nicht regnet. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Unwetter mit extremen Regenmengen in kurzer Zeit deutlich zu – auch bei uns. Der Boden kann diese Wassermengen nicht aufnehmen. Versiegelung in den Städten und Bodenverdichtung auf dem Land lassen das Wasser nicht mehr versickern.

Um die Folgen von Starkregenereignissen und Trockenheiten abmildern zu können, brauchen wir Klimaanpassungsmaßnahmen. Und da kommen die Schwammlandschaften und Schwammstädte ins Spiel. Denn damit wappnen wir uns gegen starke Trockenheit und extremen Starkregen.

Doch warum gibt es überhaupt Dürren und gleichzeitig Starkregen? Prof. Dr. Menzel erklärte: Die höheren Temperaturen halten mehr Wasser in der Luft – bei 1 Grad mehr kann die Luft 7 % mehr Wasser halten. Dadurch ist mehr Wasserdampf, mehr Energie in der Luft, und wenn es dann regnet, regnet es also deutlich mehr ab. Gleichzeitig bewegen sich die Hochs und Tiefs im Klimwandel langsamer vorwärts, so dass Hochs mit Trockenzeiten zunehmen. Neben vermehrtem Starkregen und Hochwasser haben wir also auch gleichzeitig mit mehr Dürren zu tun. Die Expert*innen kommen in ihren Untersuchungen zu dem Schluss, dass diese Extremereignisse in der nahen Zukunft zunehmen werden.

Wenn sich die Niederschläge saisonal, regional und von der Stärke enorm verändern, werden Böden immer wichtiger. Und zwar gesunde Böden, die viel Wasser speichern. Denn bei Dürreperioden geben sie das gespeicherte Wasser an die Pflanzen ab und bei Starkregenereignissen dienen sie als Puffer, damit möglichst viel Wasser versickert statt abfließt.

Unsere Referentin Prof. Dr. Menzel ging auch darauf ein, dass leider in den letzten Jahren unsere Landschaften massiv verändert wurden: Durch Flurbereinigung, Monokulturen, Drainagen, Ausräumen der Hecken. Dadurch ist die natürliche Wasserwirkung unserer Landschaften verlorengegangen. Diese ausgeräumten und entwässerten Landschaften sind definitiv ein Auslaufmodell! Doch leider sieht es in den Städten nicht besser aus. Die starke Versiegelung der Oberflächen führt zu Oberflächenabfluss. Es verdunstet deshalb viel weniger Wasser vor Ort, was für die Kühlung wichtig ist, und die Pflanzen und Bäume haben besonders in Trockenzeiten kein Wasser mehr, um zu wachsen. Doch all das brauchen wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten umso mehr, um uns gegen die Klimafolgen zu wappnen.

Wir brauchen eine langfristige Strategie für den Wasserhaushalt, für unsere Städte und Landschaften. Auch Prof. Dr. Menzel betonte das in meinem Webinar. Dazu gehört, dass wir Rückhalt und Versickerung schaffen in den Böden, Mooren und Wäldern. Wir brauchen Schwammstädte und Schwammlandschaften, naturnahe Flüsse, Bäche, Auen und Seen. Und ganz klar gehört dazu auch der sparsame Umgang mit Wasser durch eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung. Hierbei sind alle Akteur*innen gefragt, Hand in Hand zusammenzuarbeiten. Damit wir auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch Trinkwasser zur Verfügung haben, unsere Böden weder verdursten noch ertrinken, und auch unsere Städte noch bewohnbar bleiben.

Das schaffen wir, indem wir die Wasserwirkung der Landschaft aufrechterhalten und einen klimaresilienten Landschaftswasserhaushalt schaffen. Dafür braucht es fünf Punkte, die wir umsetzen müssen:

  • Landwirtschaftliche Flächen so bewirtschaften, dass gesunde Böden entstehen, die Wasser aufnehmen können.
  • Wälder hin zu klimaresilienten Mischwäldern umbauen, die kühlen, und mit ihrem Wasserkreislauf ihren eigenen neuen Niederschlag schaffen können.
  • In der ländlichen Flur wieder mehr dezentrale Speicherbecken und windbremsende Strukturen wie Hecken oder Agroforstsysteme schaffen.
  • Auen, Gewässerrandstreifen, Feuchtgebiete, Flüsse renaturieren, damit sie ihren natürlichen Funktionen wie zum Beispiel natürlichen Überschwemmungsflächen nachkommen können.
  • Ganz klar braucht es dafür die Stadt- Und Landschaftsplanung als strategisches Instrument, um die Weiterentwicklung der Flächen und Gewässer zu gestalten und zu steuern.

Mit Schwammstädten und Schwammlandschaften schaffen wir eine grüne und blaue Infrastruktur. Damit speichern wir Wasser, rüsten uns für Trockenzeiten, verhindern gleichzeitig Sturzfluten und Hochwasser und schaffen neue Lebensräume und Biodiversität.Wir verbessern gleichzeitig das Stadtklima und die Naherholung.

Die Klimaerhitzung hat aktuell zu einem Temperaturanstieg von 1,2 Grad geführt. Die World Meteorological Organization geht davon aus, dass wir in den nächsten Jahren die 1,5 Grad zumindest zeitweise überschreiten werden. Daher ist neben einem konsequenten und schnellen Klimaschutz, also die massive Reduktion des Ausstoßes klimaschädlicher Gase, die Klimaanpassung notwendig. Dafür setze ich mich ein – im Bayerischen Landtag und draußen vor Ort: für einen schnellen Umbau unserer Städte und Landschaften hin zu Schwammstädten und Schwammlandschaften. Damit stellen wir uns widerstandsfähig gegen die Klimafolgen auf und schaffen lebenswerte Städte und Landschaften für die nächsten Generationen.

Artikel kommentieren